GAGAKU IN PUSZTACSALAD (8/22)

Die geschmeidige Stimme stieg und fiel, eilte und verhielt, wand sich in Wellen und Schleifen, zeichnete Schnörkel und Figuren in die Luft und warf den Faden der Melodie in Schlingen um die Seelen der Lauschenden. … Bald waren die Zuhörer ein Teil der Musik, wurden selbst zu Noten, und von dem Sänger eingewoben in das unsichtbare Gewebe, das er aus der Stille beschworen hatte, und ihre verzauberte Phantasie schenkte ihnen mannigfache Gesichte. Sie fühlten sich davongetragen auf einem Meer von Nebel, sahen wundersame Gestalten und Gebilde auftauchen, vorübergleiten und sich wieder auflösen, fühlten sich mitgezogen und gelockt von dem Faden der Töne, begierig den Weg zu gehen, den er sie führte. Und auf diesem Weg erfuhren sie alles, was einem Menschen, der sich selbst sucht, je widerfahren kann: Schmerz, jung wie die Berge, und Freude unermeßlich und ewig, staunendes Fragen und überwältigendes Erkennen und demütiges Anerkennen, und eine Ahnung von dem, was jenseits alles Begreifens und Erlebens liegt, auch für den, der sich ihm in blindem Gehorsam nähert. Denn Shiva tanzte in diesem Lied, und unter seinen Füßen wurde das Universum geboren, hervorgebracht aus dem Nichts in einem gewaltigen unweltlichem Schöpfungsakt, von dem die Musik nur ein ohnmächtiges Echo war. Irgendwo in der Leere donnerte ein Hammer, und unter seinen Schlägen sprühten Funken, die zu Sonnen zerbarsten und in glitzernde Sterne zersplitterten, und die neugeschaffenen Welten wirkten durch das neugegründete All, sich in ewigem Kreißen vermehrend und erneuernd, und nichts konnte ihre kosmische Wiedergeburt aufhalten, so wie keine Kraft, das Kräuseln der Blätter einer sich öffnenden Blume, den zartesten Vorgang der Natur, aufhalten kann. Han Suyin