So weit ich mich erinnern kann bin ich blau zur Welt gekommen. Jahrzehnte später, nach bunten Treiben, bin ich auch einen blauen Tod gestorben. Ein überraschender Knick im milchig weissem Vollmondlicht. Jetzt bin ich zurückgekehrt, dorthin wo ich noch niemals war. In jene Bucht wo Anthony Quinn als Alexis Sorbas Sirtaki tanzte. Hier zeigt es sich wieder, in der Blau-heit sind großer Zweifel und große Zuversicht untrennbar miteinander verbunden. Ja, wir sind Wellen und alles andere mit uns
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NACHGESANG
an einen tief inspirierenden Menschen, Künstler und Freund DANIEL ASCHWANDEN (21.1.1959 – 8.7.2021)
Wenn jemand
Nach meinem Wohnsitz fragt,
Antworte ich:
„Am östlichen Rand
Der Milchstraße“
Gleich einer ziehenden Wolke,
Durch nichts gebunden
Ich lasse einfach los,
Gebe mich
In die Launen des Windes
KODYMELO hyposacralgirlande
ÜBER DIE SAMENSILBEN
Meine Musik betont das nach Innen hören. Ein hören in Richtung Ohrenlicht. Dabei ist es die freie Improvisation die es mir ermöglicht der Quelle des Inspirationsflusses näher zu kommen.
Was ist das was musiziert, genauso wie das Koan: wie klingt das Klatschen einer einzelnen Hand, sind Aufgabestellungen die eine essenzielle Verdichtung braucht um gelöst werden zu können.
Während meines Studiums der spirituellen Musik Japans bin ich erstmals dem Konzept der Keimsilben oder Samensilben begegnet. Spezielle Silben (bijas), jede mit eigenem Schriftzeichen (siddham), werden als Metapher verstanden für den Ursprung und Ursache im weitesten Sinne aller Dinge, auch aller Klänge.
Alles was künftig erklingen mag ist demnach als Samensilbe bereits angelegt. Dieses Konzept hat seinen Anfang genommen mit den alten, zunächst mündlich überlieferten indischen Veden (1500-800 v.Chr.) und wurde Teil der brahmanischen Wissenschaft von Zeichen und Klängen. Es wurde danach vom Buddhismus übernommen und während dessen Expansion von Indien nach Tibet, China, Korea und Japan getragen.
Zusammen mit den Samensilben wanderten auch Gesangs – und Rezitationsstile über diesen weiten asiatischen Raum. Mit jedem neuen Land veränderte sich ihr Klang,- bedingt durch die Verschiedenartigkeit der konditionierten Lautbildung der jeweils unterschiedlichen Sprachen. Es mag an die Ergebnisse unserer kindlichen „Stille Post“ Spiele erinnern, wenn man die Endfassung in Japan mit der anfänglichen Lautgestalt in Indien vergleicht.
Die Visualisierung der Samensilben-Zeichen/Kaligraphien, in der Kontemplation, hat eine lange Tradition und fördert ebenso die Anbindung an das große Potential. Der Silbe A kommt dabei besondere Bedeutung zu. Als erste Silbe des Alphabets symbolisiert sie den Gesamtklang aller Silben, so wie auch die Null allen anderen Zahlen zugrunde liegt. Ihr wahres Wesen wird jedoch als leer und ungeboren verstanden. Letztlich wird das gesamte Universum als Ausdruck für die volle Entfaltung aller Bedeutungen der Silbe A gesehen. Als grundlegende „Stimme“ aller Dinge enthält sie auch die ursprüngliche Lebenskraft, die alle Dinge durchdringt.
Für meine eigene Klangschöpfung ist die Anbindung an derartigen Betrachtungen sehr hilfreich. Die Frage „was ist das was musiziert“ wird damit theoretisch greifbarer. In der praktischen Umsetzung bedeutet es für mich, beim musizieren mich mit allem verbunden zu wissen und damit vom gesamten Universum wiedererkannt zu werden.
DER KLANG DER BAMBUSFLÖTE KEHRT ZURÜCK IN DEN BAMBUSWALD
synth.drum: robbie litvai ryuteki – japanische gagaku flöte: werner kodytek
Wissen wanderte nach Norden an die Ufer des Dunklen Wassers. Dort stieg er auf den Berg der Verborgenen Auffälligkeit und traf zufällig Blödes Nichthandeln. Wissen sagte zu Blödes Nichthandeln: „Es gibt da einige Fragen, die ich Euch gerne stellen würde. Durch welches Sinnen und welches Nachdenken können wir den ‘Weg’ erkennen? Wo muß man wohnen und wie muß man dienen, um sicher im ‘Weg’ gegründet zu sein? Von welchem Ausgangspunkt aus und mit welchen Mitteln können wir den ‘Weg’ verwirklichen?“ Er stellte diese drei Fragen,
aber Blödes Nichthandeln antwortete nicht. Nicht nur, daß er nicht antwortete, er wußte nichts zu antworten.
Da er mit seinen Fragen kein Glück gehabt hatte, ging Wissen wieder nach Süden bis zum Weißen Wasser. Dort stieg er auf den Berg Einsame Umgrenzung und bekam den Verrückten Stammler zu fassen. Wissen stellte dem Verrückten Stammler dieselben Fragen. „Aber ja“, sagte Verrückter Stammler. „Ich kenne die Antworten, und ich werde sie Euch verraten.“ Aber kaum hatte er begonnen zu sprechen, hatte er auch schon vergessen, was er sagen wollte.
Da er mit seinen Fragen kein Glück gehabt hatte, ging Wissen zurück zum Kaiserpalast, wo er den Gelben Kaiser traf und ihm dieselben Fragen stellte.
Der Gelbe Kaiser sagte: „Sinne nicht und denke nicht nach – erst dann magst du beginnen, sicher im ‘Weg’ gegründet zu sein. Habe keinen Ausgangspunkt und bediene dich keiner Mittel – erst dann magst du beginnen, den ‘Weg’ zu verwirklichen.“
Wissen fragte den Gelben Kaiser und sagte: „Du und ich, wir kennen die Antwort, aber jene zwei kannten sie nicht. Wer hat nun recht?“
Der Gelbe Kaiser sagte: „In Wirklichkeit hat Blödes Nichthandeln recht. Verrückter Stammler scheint recht zu haben, aber du und ich, wir liegen weit daneben und kommen an letzter Stelle. Also: ‘Der Wissende redet nicht; wer redet, der weiß nicht.’ [Daodejing, Kap. 56] Deshalb praktiziert der Weise ein Lehren ohne Worte.“ […]
Wissen sagte zum Gelben Kaiser: „Als ich Blödes Nichthandeln fragte, antwortete er nicht; nicht nur, daß er nicht antwortete, er wußte nichts zu antworten. Als ich den Verrückten Stammler fragte und der mir nicht antwortete, obwohl er gerade dazu angesetzt hatte, da hat er mir nicht nur nicht geantwortet, er hatte auch die Fragen schon vergessen, als er zu antworten begann. Als ich dich fragte, wußtest du die Antwort. Warum hast du gesagt, du lägest weit daneben?“
„Blödes Nichthandeln hatte in Wirklichkeit recht“, sagte der gelbe Kaiser, „weil er nicht wußte.
Verrückter Stammler schien recht zu haben, weil er vergaß. Du und ich kommen als letzte und sind weit daneben, weil wir wissen.“
Der Verrückte Stammler hörte von dieser Antwort und hielt den gelben Kaiser deshalb für jemanden, der zu sprechen versteht.
Zhuangzi
PUSZTACSALADS NEWEST (3/21)
Wenn der Ozeanspiegel unserer Verdienste zu Balsam verquirrelt wird und der Mondhase damit eingesalbt, werden unsere Nachfahren Frieden suchen.
VOM OHRENLICHT (11/20)
synth. drum: robbie litvai
n`goni und stimme: werner kodytek
Für ein leichteres Verstehen meiner Musik will ich den Begriff Ohrenlicht erläutern. Er ist erstmals in taoistischen Schriften des frühen Chinas aufgetaucht, entstanden aus der alten taoistischen Bemühung das ultimative Lebenselexier zu finden.
„Es gibt ein Augenlicht und ein Ohrenlicht. Das Augenlicht ist das vereinigte Licht der Sonne und des Mondes im Äußeren. Das Ohrenlicht ist der vereinigte Same der Sonne und des Mondes im Inneren. Der Same ist das Licht in kristallisierter Form. Beides hat denselben Ursprung und unterscheidet sich nur durch den Namen. Darum ist Verständnis (Ohr) und Klarheit (Auge) gemeinsam ein und dasselbe wirkende Licht.“
Für mich erschließt sich daraus, dass das Ohrenlicht durch das Hören nach Innen gefunden wird. Die einfachste Herangehensweise wäre es sich fest die Ohren zuzuhalten. Was wir dann hören ist ein Rauschen, das Ergebnis des ständigen Zusammenfließens der vier Elemente: Erde, Wasser, Feuer, Luft. Auch im Prozess unseres Sterbens ergießt sich Erde in Wasser, Wasser in Feuer, Feuer in Luft. In der Urform des buddhistischen Stupa, ursprünglich Grabmal später Symbol für erwachtes Leben, sind diese Elemente durch unterschiedliche Formen verkörpert und ergänzt durch ein fünftes Element nämlich Bewusstsein. Auf manchen der Stupas oder Pagoden sind zuoberst auch noch Sonne und Mondsichel beigefügt. (Bilder der von mir gebaute Stupas sind auf meiner homepage zu finden ). Das Element Luft wird oft in seinem dynamischen Aspekt als Element Wind bezeichnet. Ich verstehe darunter ein umfangreicheres Sinnbild, also mehr als ein Lüftchen. Nämlich Energie, Qi, Lebenswille und zuguterletzt den Flow. Den Kitt der Elemente und der Klänge.
„Schenke dem Himmel Luft und es wird Musik erklingen“.
G.I.G.G. gehen im globalen garten
Ein Video von Michael Guzei, mit Musik von Michael am Piano und mir mit Stimme und N`Goni
VIHARA RUNDGANG (6/20)
IMPROFORAWHITEDOVE (6/20)
voice: werner kodytek
piano: michael guzei
QUARANGONITÄN
ÜBER DAS WANGENFLEISCH
Mein Projekt zum Thema „…du musst frei sein“ wurde vom artist in residence Paul Gulda ausgewählt und wird von Musik Aktuell 2020 gefördert.
In meinem Verständnis bedeutet Freiheit eigentlich „nichts zu suchen und nichts zu finden“.
Sie ist in uns ursprünglich angelegt als unsere aller innerlichste Natur. In unserem Geist spiegelt sich diese Freiheit, jedoch auch Unfreiheit.
Unfreiheit ist das Ergebnis unserer dualistischen Sichtweise. Der Unterscheidung in gut oder schlecht, der Trennung zwischen mir und anderem. Wer sich nun bemüht Unfreiheit gegen Freiheit zu tauschen kommt bald an seine Grenzen, weil ja gerade dieses Begehren Auslöser von Unfreiheit ist.
Dieses Thema beschäftigt mich seit Jahrzehnten und hat in Bezug auf mein Musikschaffen seine Vertiefung gefunden während eines einjährigen Studiums der spirituellen Musik Japans, Shomyo und Gagaku, in Kyoto (vor ca. 30 Jahren). Die Frage war: wie kann ich leben und wie musizieren mit geringstmöglicher Identifizierung mit einem illusionären, begrenzten Selbstbild, dem eigentlichen Grund für Unfreiheit.
Ich fand zu einigen Merkmalen: Loslassen von verfestigten, zulassen von befremdlichen, eine Geisteshaltung einnehmen die keine schnellen Bewertungen unternimmt, nicht in erster Linie publikumsorientiert sein, keine Spuren hinterlassen wollen, keine Anerkennung begehren. In der selbstvergessenen Vertiefung, dort wo es keinen Beobachter mehr gibt, erhellt sich die Freiheit von selbst.
Dieser Aufgabenstellung widme ich mich allein über die Improvisation.
…
PRINDA PAT
mit n’goni und stimme.
robbie litvai: beat and synth
… wer nicht glaubt, dass gerade gerade ist,
der muss sich vor dem bösen des guten hüten.
(aus monkeys pilgerreise)
DREI DÖRFER WEITER
Robbie Litvai: beat and synth
Werner Kodytek: n`Goni und Stimme
Drei Dörfer nach Pusztacsalád, in einem alten Wirtschaftsgebäude eines ehemaligen Nonnenklosters, lebt der Einsiedler und gottlose Sadhubaba Robbie Litvai, mit vielen Schafen und einem elektronischen Schlagzeug.
Bei unseren musikalischen Zusammenkünften schwingt stets ein Loblied mit auf den runden Geist, wahnfrei in der Ebene und selbstvergessen zwischen den Wolken.
Wir sagen musizierend: es ist schön, ein stilles Leben zu führen.
Und wir sagen das, eben weil es eigentlich nichts zu sagen gibt (J.Cage).
Und, weil Worte Lügen sind (J.Sasaki Roshi), bevorzuge ich es zu glossolalieren.
HABT VIELEN DANK FÜR ALLE GUTEN WÜNSCHE
Habt vielen Dank für alle guten Wünsche. Meine späte Reaktion ist der Zeitlosigkeit geschuldet, der hier auf Samos nicht zu entkommen ist. Der Grund ist das Meer. Seine Grundierung aus kobaltviolett, ultramarin, kobaltblau, coelinblau, phthalblau, chromoxidgrün und kadmiumgrün, später auch elfenbeinschwarz. Darüber eine Schicht Licht. In der Luft Kräuterhonigduft. Blüten überall, wobei schon eine allein ausgiebig verzücken kann.
Heute Nacht hab ich geträumt einem hohen chinesischen Militärbeamten Mayonnaise auf seinen Uniformkragen geschmiert zu haben. Danach wurde ich verhaftet. Kurz vor der Verurteilung bin ich aufgewacht mit dem Gefühl, einer drakonischen Strafe entkommen zu sein.
Tatsache ist dass nun schon am Donnerstag den 24.5. mein Prostatakrebs operiert wird. Nur ein Routineeingriff für den Roboter der barmherzigen Brüder, sagen jene. Für mich jedoch eine einmalige Gelegenheit für einen letzten Wunsch:
Mögen wir nie nachlassen in der Bemühung um die Kultivierung unserer Herzen.
Meine Feldforschung liegt jetzt im Vorfeld der „Kunst des letzten Augenblicks“ Reizvoll bleibt dabei die Vorstellung, nach einer etwaigen Genesung noch weitere letztere Abschiedstext/wünsche verfassen zu können. Es mag kommen wie es will, ichi (x) halte die Ohren steif. Jedoch nicht so wie die Fledermäuse. Sie sehen Geräusche als Licht und sind dann verwirrt wenn es beides gibt.
(x) Ichi – ein sympathischer Schreibfehler dem ich sofort einiges abgewinnen konnte:
Zum einen verbindet er das gemeine Wort „ich“ mit der wienerischen Kurzfassung, welches sogleich eine Gaumensegelspannungslockerung mit sich führt.
Zum anderen ist es eine Übersetzung des englischen Wortes „selfie“ – der Handymanie der Selbstbelichtung.
Außerdem würde auch jeder deutschsprechende Japaner ichi statt ich sagen.
Ichi ist Frage und Antwort zugleich und als Palindrom zu lesen wie einen Lebenslauf: vom Anfang oder vom Ende.